Meine liebe Gemeinde,
am 19. Januar geht meine Zeit in Deutschland zu Ende und ich werde nach mehr als 10 Jahren – mit gemischten Gefühlen – in meine Heimat Kerala in Südindien zurückkehren. Natürlich freue ich mich auf meine Heimat und auf die Leute zu denen ich als Priester dann gehören darf. Am 1. Juli 2015 kam ich- wie ein Missionar -dem Auftrag meines Erzbischofs nach, meinen priesterlichen Dienst im Erzbistum Paderborn zu beginnen und bekam nach der Einführungsphase die erste Stelle im Pastoralen Raum Medebach-Hallenberg. Die Menschen hier waren anfangs sehr skeptisch, aber nach kurzer Zeit haben viele mich hier voll Freude angenommen. Eine Frau sagte einmal ganz treffend und zwar genau in dieser Reihenfolge dazu: „Der Inder…, der indische Vikar…, Herr Vikar…, Vikar Jijo… unser Pastor oder Jijo!“
Drei Worte nehme ich für mein Leben in Indien mit: Großzügigkeit, Toleranz, Ordentlichkeit. Ich werde das nämlich vermissen- die Menschen, die mir von Anfang an mit Toleranz und Großzügigkeit begegnet sind und auch das Land mit all seiner Ordentlichkeit. Trotz der Herausforderungen, die die Arbeit hier mit sich brachte – alles war ja neu für mich, sei es z. B. die Lebensart oder die deutsche Sprache- hatte ich in meiner Zeit hier viele Freiheiten, konnte vieles selbst entscheiden und planen. Ich wurde als Priester ernst genommen und fühlte mich akzeptiert und angenommen. Und ich bin all den Menschen dankbar, die mich in all den Jahren unterstützt haben. Die lateinische Liturgie mit all den Feierlichkeiten, die Feste mit all der Kreativität, Musik und Tanz werden mir fehlen. Durch die gute Bezahlung und durch Spenden hatte ich die Möglichkeit, zahlreiche Projekte finanziell zu unterstützen.
Ich habe hier das Kochen gelernt – Die Zeit in der Küche nutzte ich beim Anschauen von Videos als wertvolle spirituelle Zeit für mich zum Auftanken und um mich zu informieren. Ich liebe deutsche Autobahnen, den sauberen Straßenverkehr (auch wenn mich die monatelangen Straßenbauarbeiten oft genervt haben), ich habe die vielen Reisen innerhalb Europas sehr genossen, ich mag auch das deutsche Klima (aber hauptsächlich im Sommer) und deutsches Bier.
Bei der Reise mit der Pilgergruppe 2024- ein ganz besonderes Erlebnis- besuchten wir das Behindertenheim und die Idee entstand, dieses Behindertenheim mit der Spende vom Weltkirchlichen Sonntag zu unterstützen. Ein Betrag von 1.571,00 € ist zusammengekommen, ich verbürge mich dafür, dass es direkt dort beim Behindertenheim ankommt.
Es gefällt mir, wie man sich hier an Regeln hält, die Individualität, die man hier lebt. Und ich durfte viele Menschen kennenlernen, für die christliche Werte auch heute noch wichtig sind. Oft habe ich aber auch das Gegenteil erlebt und das macht mich traurig. Der Glaube an Jesus hat bei vielen keine Priorität mehr und viele Menschen denken zuerst an sich selbst.
Hier, in meiner zweiten Heimat, habe ich mich sehr wohl gefühlt. Dennoch werde ich am 4. Februar 2026 in meinem Heimaterzbistum eine neue Stelle antreten, die mir eine Woche zuvor bekanntgegeben wird. Für mich zählt, dass ich meinen Auftrag als Priester erfülle: so war es damals von Anfang an und so ist es auch heute noch! Und ich möchte gerne das Priesterseminar dort unterstützen, um junge Menschen zu bestärken, die denselben Weg gehen wie ich damals. So kann ich etwas zurückgeben von all den positiven Erfahrungen, die ich selber in meinem Priesterleben bisher sammeln durfte.
Ich sage nun „Auf Wiedersehen“ und wünsche allen Gottes Segen!
Euer Vikar Jijo